Transferkrösus Gottéron – wenn jetzt nicht bald Meister, wann dann?
So beharrlich, geduldig, zielstrebig und zugleich so kühn wie Gottéron hat seit den Zeiten des Grande Lugano mit Trainer John Slettvoll, Sportchef Fausto Senni und Zahlmeister Geo Mantegazza nie mehr ein Klub ein Meisterteam langfristig zusammengestellt.
Die Tessiner investierten damals während mehrerer Jahre gezielt, um endlich Meister zu werden, und wurden mit den Titeln von 1986, 1987, 1988 und 1990 belohnt.
Die Transferoffensive von Christian Dubé und Gerd Zenhäusern (seit dem 1. März 2024 im Amt) ist mit jener des legendären Grande Lugano vergleichbar. Gottéron hat nun auch auf dem Papier (aber noch nicht auf dem Eis) ein Meisterteam.
Der Kern aus Schweizer Spielern ist nicht nur gut. Er ist meisterlich. Eine Aufstellung ohne Gewähr auf Vollständigkeit zeigt die kluge Transfer- und Vertragsstrategie.
Torhüter
- Ludovic Waeber (29, ab nächster Saison) bis 2030
Verteidiger
- Andrea Glauser (29) bis 2032
- Yannick Rathgeb (30) bis 2029
- Ludvig Johnson (19) bis 2027
Stürmer
- Sandro Schmid (25) bis 2030
- Attilio Biasca (22) bis 2028
- Christoph Bertschy (31) bis 2029
- Samuel Walser (33) bis 2027
- Jonas Taibel (21, ab nächster Saison) bis 2029.
Ein Team wird nach der T-Formel aufgebaut: Der T-Balken besteht aus dem Torhüter und starken Verteidigern, der T-Strich ist die Mittelachse mit kompletten Mittelstürmern. Sandro Schmid und Samuel Walser sind tragende Elemente dieser Mittelachse – und bei Bedarf rücken Christoph Bertschy und Attilio Biasca ins Zentrum. Wird diese helvetische Kerngruppe mit den richtigen Ausländern ergänzt, haben wir ein Meisterteam. Kein anderer Klub der Liga hatte in den letzten zehn Jahren eine so hohe Trefferquote bei der Rekrutierung des ausländischen Personals.
Hubert Waeber, ein erfolgreicher Autohändler mit wirtschaftlichen und sportlichen Visionen, führt das Unternehmen Gottéron seit 2019 als Präsident. Während seiner Amtszeit ist die Infrastruktur rundum erneuert und der Gesamtumsatz auf rund 35 Millionen verdoppelt worden. Wie viel davon in die erste Mannschaft investiert wird, verrät er natürlich nicht und verweist auf eine Studie der Liga, die unter Wahrung der Diskretion die Budgetzahlen bei allen Klubs eingefordert hat. «Bei dieser Aufstellung ist nicht ersichtlich, zu wem die Zahlen gehören», sagt Waeber. «Aber wir können sehen, wo wir stehen. Gemäss diesen Zahlen sind wir vom Budget her die Nummer fünf der Liga.»
Gottéron zelebriert diese Saison zum dritten Mal hintereinander jedes Heimspiel in einer ausverkauften Arena (Fassungsvermögen 9298 Fans). Der Klub dürfte neben der Katholischen Kirche – sie spielt seit dem 16. Jahrhundert eine zentrale Rolle in Bildung, Kultur und Gesellschaft – die mächtigste Institution im Kanton sein. Kein anderes Hockey-Unternehmen ist so gut und konkurrenzlos in der kantonalen Wirtschaft und Politik vernetzt. Deshalb hat Gottéron in der Vergangenheit Stürme unbeschadet überstanden, die andere Sportfirmen von der Landkarte gefegt hätten.
Die Transferoffensive ist also finanzierbar – und sie ist finanziert. Die teilweise langfristigen Verträge machen auch wirtschaftlich Sinn. Das Salär ist nicht jedes Jahr gleich hoch und wird der durch die langfristige Strategie absehbaren Budgetsituation angepasst. Wirtschaftliche Stabilität: garantiert. Euphorie: ungebrochen. Der meisterliche Masterplan: glasklar. «Wir wollen Meister werden», sagt der Vorsitzende. Nicht im Konjunktiv. Im Imperativ.
Was plan- und kontrollierbar ist, das hat Sportdirektor Gerd Zenhäusern umgesetzt. Auf dem Papier hat er ein Meisterteam. Aber noch nicht auf dem rutschigen Eis. Die Frage ist also: Ist Gottéron nun gut genug, um in absehbarer Zeit erstmals Meister zu werden? Ein Blick auf Vertragsdauer und Alter der eidgenössischen Kerngruppe zeigt: Ja. Aber das Zeitfenster ist schmal. Drei Jahre. Nicht mehr.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
-
Er ist
-
Er kann
-
Erwarte
In dieser Zeitspanne erreicht die Mannschaft ihren Leistungszenit. Drei Jahre, in denen die Mission «Titelgewinn» alle inspiriert, motiviert und euphorisiert. Aber dann wird sie zur Bürde.
Die Ausgangslage könnte besser nicht sein. Zwar sind die ZSC Lions nach wie vor das Mass aller Dinge. Aber nach den zwei erfolgreichsten Jahren ihrer Geschichte zieht die Abenddämmerung des Ruhmes herauf. Kloten und der SC Bern, die Gottéron während der Flugjahre mit Slawa Bykow und Andrej Chomutow in den 1990er Jahren vor der meisterlichen Sonne standen, sind heute froh, wenn es für die Playoffs reicht. Servette, Zug und Lausanne kann Gottéron auf Augenhöhe herausfordern. Der gefährlichste Rivale wird in den nächsten drei Jahren der HCD sein. Die Davoser haben ihre Mannschaft nach einer sehr ähnlichen Strategie wie Gottéron erneuert.
Gottéron also 2026, 2027 oder 2028 Meister? Die Frage müssen wir anders stellen: Kann Trainer Roger Rönnberg Meister? Der Vertrag mit dem Schweden läuft bis 2028. Drei Anläufe, drei Chancen, die Mission «Titelgewinn» zu einem triumphalen Ende zu führen. Wenn er es 2026 und 2027 nicht schafft, dann sollte er zumindest seine Arbeit so gut machen, dass ihm der finale Wurf im Frühjahr 2028 zugetraut wird. Und wenn nicht? Dann wird es darauf ankommen, den Trainer im richtigen Zeitpunkt des Amtes zu entheben. Lugano (2006), der SCB (2016) und die ZSC Lions (2018, 2025) sind Meister geworden, weil sie den Trainer während der Saison zum richtigen Zeitpunkt gefeuert haben oder aus anderen Gründen ersetzen mussten.
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